Blog 4:Mediation zwischen Kulturen – Wenn Stolz, Ehre und berufliche Frustration aufeinandertreffen

Titel: Mediation zwischen Kulturen – Wenn Stolz, Ehre und berufliche Frustration aufeinandertreffen

In einer meiner Mediationen ging es um ein Ehepaar, das nicht nur privat, sondern auch beruflich eng zusammenarbeitete. Sie, eine engagierte Kollegin aus Korea, und er, ein deutscher Dozent, standen gemeinsam vor einem großen beruflichen Projekt – doch die Spannungen waren spürbar. Ihre Partnerschaft machte den Konflikt noch komplexer, da sich private und berufliche Bedürfnisse miteinander vermischten.

Er war unzufrieden mit seiner Rolle im Projekt, da er, trotz seiner Erfahrung, nicht die Führung übernahm. Seine berufliche Frustration mischte sich mit dem Gefühl, nicht ausreichend anerkannt zu werden – sowohl in der Arbeit als auch in der Partnerschaft. Er hatte das Bedürfnis, in seiner beruflichen Expertise gesehen zu werden, und das Fehlen von Kontrolle und Einfluss verletzte seinen Stolz. Seine Frustration wuchs mit jedem Projekttreffen, und das schaffte auch Spannungen in ihrer Ehe.

Auf der anderen Seite stand seine koreanische Frau, die, stark durch ihre kulturellen Wurzeln geprägt, ihre Gefühle nicht offen zeigte. In der koreanischen Kultur spielen Stolz und Ehre eine große Rolle, und Emotionen wie Frustration oder Unsicherheit werden selten nach außen getragen. Für sie war es wichtig, professionell und kontrolliert zu wirken, was ihn oft das Gefühl gab, sie sei distanziert und schwer zu erreichen. Ihr Bedürfnis nach Respekt und professioneller Distanz war tief in ihrer Erziehung verankert. Dies führte dazu, dass ihre private Beziehung ebenfalls belastet wurde, da er sich emotional unverstanden und unnahbar fühlte.

Während der Mediation stellte sich heraus, dass beide ähnliche Bedürfnisse hatten: Anerkennung, Respekt und Wertschätzung – sowohl beruflich als auch in ihrer Ehe. Doch die Art und Weise, wie sie diese Bedürfnisse ausdrückten, war unterschiedlich. Seine offene Frustration traf auf ihre stille Zurückhaltung, und beide fühlten sich verletzlich und unverstanden.

Durch die Mediation konnten wir einen Raum schaffen, in dem sie sowohl ihre beruflichen als auch ihre privaten Bedürfnisse sicher ansprechen konnten. Sie lernte, dass seine berufliche Frustration nicht als Angriff auf ihre Kompetenz zu sehen war, sondern als Ausdruck seines Wunsches nach Anerkennung. Er verstand, dass ihre Zurückhaltung keine Ablehnung war, sondern ein Ausdruck ihres kulturellen Verständnisses von Stolz und Ehre.

Am Ende fanden sie einen Weg, wie sie nicht nur ihre berufliche Zusammenarbeit, sondern auch ihre Ehe durch Achtsamkeit und Verständnis stärken konnten. Die Mediation half ihnen, die kulturellen und emotionalen Unterschiede besser zu verstehen und eine Basis für eine respektvolle und wertschätzende Beziehung auf beiden Ebenen zu schaffen.

Wenn Sie berufliche Konflikte in einer Partnerschaft oder in einem multikulturellen Team erleben, kann eine Mediation helfen, diese Herausforderungen zu klären und zu einem tieferen gegenseitigen Verständnis zu führen.

Herzliche Grüße,

Madina Zulfacar

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